>> das Protokoll der Informationsrunde zum Baggersee Hirschau als Download (25 kb pdf)

 

Bürgerinitiative Hirschauer Baggersee- Neckaraue (BI)
Tübingen-Hirschau 07.10. 2008


Informationsgespräch im Rathaus Hirschau zwischen Verwaltung der Stadt Tübingen und der BI

 

Am Mittwoch, 20.08.2008, von 19:30 bis ca. 22:00 Uhr

Teilnehmer von Verwaltung:
Frau Ute Krommes, Stadtplanerin vom Stadtplanungsamt Tübingen, Herr Ulrich Latus, Ortsvorsteher von Hirschau.

Teilnehmer von der Bürgerinitiative:
Die Herren Dr. Lutz-Jörg Adam, Dietmar App, Gerhard Barth, Gerald Dreier, Claus Martin, Konrad Pracht, Dr. Manfred Wehrmann, Philipp Wolff, sowie Frank Axel Schwarzbach von der BI Baggersee Hirschau.

 

Vorgeschichte des Gesprächs

Auf eine Anfrage von Herr Pracht (Mail vom 20.05.08) bei Frau Krommes nach weiteren Ausarbeitungen bzw. Veränderungen des „Grobkonzeptes" (Beschlussvorlage 203/2007 vom 05.07.07) erfolgte umgehend eine Einladung von Herrn Latus zu einem gemeinsamen „Informationsgespräch" (Mail vom 21.05.08.). Als dann Frau Krommes öffentlich mitteilen ließ (Schwäbisches Tagblatt vom 02.07.08), bis zum Herbst das – womöglich endgültige – „Feinkonzept" vorzulegen, schien uns Eile geboten, um noch Einfluss nehmen zu können. An zwei danach angesetzten, internen Gesprächsabenden formierte sich ein „Kreis von Aktiven" aus der einstmals im September 2006 gegründeten „BI Hirschauer Baggersee-Neckaraue" (Diesem Kreis gehören aktuell knapp 30 Personen an, für die BI hatten damals 171 Personen unterschrieben). Vor allem aber wurde aber an den beiden Gesprächsabenden der Stand der Planungen gemäß dem Grobkonzept erläutert, diskutiert und eigene Ideen dazu erörtert. Solche Vorgänge brauchen in einer basisdemokratischen Organisationsform, wie sie eine BI darstellt, Zeit. Die Verzögerung bis zu dem im Folgenden geschilderten „Informationsgespräch" lag mithin nicht an Herrn Latus, sondern am Kreis der Aktiven aus der BI.

Bericht über das Gespräch

(Nachträgliche Erläuterungen durch Herrn Adam in eckigen Klammern [ ]).

Generell zum Planungsstand

Frau Krommes erklärte, dass sie „keinen Strich" (wörtlich zitiert) an den Plänen gemacht habe. Auf die naheliegende Frage nach der anderslautenden Presseverlautbarung antwortete Frau Krommes, dass sei vor vier/fünf Monaten gewesen. Nun sei zuerst der Kauf des Geländes, dass sich größtenteils noch in Privatbesitz befind, vorgesehen. Und das könne dauern, ungewiss wie lange. [Offenbar ein Strategiewechsel – für die BI ein sehr erfreulicher].

Westufer

Das Westufer soll, so Frau Krommes, abgeflacht werden, weil es örtlich unterspült ist und an dieser Stelle ab – bzw. durchbrechen könnte. Die Abflachung soll von der Kiesfirma bezahlt werden. Mehrere Bedenken aus der BI:

1. Neben den rund 2000 m Flachufer haben diese bloß 100 m Steilufer eine besondere biologische Bedeutung (Eisvogelbrutplatz, Königskerzen, geschützte Blauflügelprachtlibelle)

2. Wegen bloß 5 m Unterhöhlung braucht man nicht 100 m abzuflachen.

3. [Mann kann die Unterhöhlung auch durch Aufsteilung wegbekommen, dann braucht der Weg nicht verleg werden und die hochgeschützten Uferschwalben bekämen ein Brutgelände – das Einzige an den drei Hirschauer Seen]

4. Am Schlimmsten: Die Abflachung wird zusammen mit den dahinter liegenden Wiesen die Fläche der Bade – Liegewiesen im Westteil des Sees etwa vervierfachen. Herr Adam hielt Frau Krommes vor, noch nicht ein einziges Mal die Überbelegung durch Besucher besichtigt zu haben, die dort an heißen Wochenenden schon jetzt herrscht. Der Ortsschaftrat will den See ausdrücklich nicht zum Besuchermagnet machen. Autos parken schon jetzt auf Feldern oder fast im Arbach. Wie soll das dann erst werden?!

Nordufer

Am Nordufer soll ein, mit Kies befestigter Weg angelegt werden. Die Bäume, welche die Sicht auf die Industrieanlagen verdecken, sollen erhalten bleiben. Auf der Halbinsel soll eine Liegewiese entstehen, die durch einen direkten Stichweg mit dem Rittweg und den am Wochenende leer stehenden Parkplätzen am Rittweg verbunden werden. Vorschläge aus der BI: Auf dieser Rasenfläche könne man eine befestigte und sichere Feuerstell einrichten um das wilde Feuermachen zu kanalisieren. An der nach Osten unmittelbar folgenden Schilffläche soviel Schilf entfernen, dass der ehemalige Sand Spielplatz für Familien mit kleinen Kindrn wieder entsteht. Gegenrede aus der BI: Die Ausbreitung des Schilfes spricht für die geringe Attraktivität bzw. Nutzung [Vielleicht wegen der Nähe zur Industrie]

Ostufer

Zum Kiesstrand oder Schilfgürtel am Ostufer: Frage aus der BI: Soll statt des biologisch wertvollen und eindrucksvollen Schilfgürtels tatsächlich ei [biologisch toter und langweiliger] Feinkiesstrand entstehen? Damit verbunden wäre auch eine Verdopplung bis Verdreifachung der östlichen Liegewiese. Vorhaltung aus der BI: 420 m Schilfgürtel = 60 % diese schützenwertesten Biotops(!), sollen dabei vernichtet werde. Antwort von Frau Krommes: „Es handelt sich nur um 30 %"

Südufer

Am Südufer sollen Büsche und Bäume für Liegewiesen und zum Auslichten des Grüngürtels entfern werden. Auf eine Frage aus der BI nach Stabilität und Aufwand für den 515 m langen und über 1,5 m tiefen „Mega" – Graben antwortete Frau Krommes, der bisherige kleine Graben werde lediglich fortgeführt um die Schilfflächen zu schützen. Auf die Nachfrage, ob mit dem kleinen Graben das Grobkonzept mit einem breiten und tiefen Graben überholt sei, antwortete Herr Latus, es handle sich um Beschlüsse des Ortsschaftsrates Hirschau und des Gemeinderates Tübingen.[Darin wäre der „Mega" – Graben von Frau Krommes festgeschrieben].

Südwestufer

Am Südwestufer des Sees mit der Wiese, soll es keine Veränderungen geben.

Wasserqualität

Zur Wasserqualität sagte Frau Krommes, das Wasser besitze einen zu hohen Phosphatgehalt in den tieferen Schichten, am schlimmsten dort, wo es östlich des Westufers am tiefsten sei. Generell sei das Wasser im See Sauerstoffarm. [Also bräuchte es mehr Schilf! Sonst kippt in noch wärmeren Sommermonaten der See womöglich um]. Nach Aussage von Frau Krommes müssen pflanzliche Ablagerungen am Grund entfernt werden, um den Sauerstoffgehalt zu verbessen.

Schutz von Flora und Fauna

Aus der BI scharf kritisiert wurde das vorgesehene, zweimalige Mähen der heutigen Hochkrautflächen, die dann biologisch fast tot sein würden, wie heute zB. die Neckarufer am Freibad [oder der Landgraben östlich des Sees]. Frau Krommes bestritt energisch, allerdings ohne sachliche Begründung. Frage aus der BI: Auf welche Weise sollen die Schilfflächen auf dem Südufer in Zukunft geschützt werden? Antwort von Frau Krommes:"Durch geeignete Maßnahmen" [Im Grobkonzept ist dafür der „Mega" – Graben vorgesehen] Frau Krommes äußerte sich empört, dass Erholungssuchende immer wieder ihren Liegeplatz von Ästen und Gebüsch befreien. [Wirkt bei dem Gewuchere etwas weltfremd]. Aufforderung aus der BI: Die besonderen biologischen Kenntnisse von Herrn Adam, sollten bei künftigen Planungen hinzugezogen werden.

Herr Schwarzbach stellte als Sprecher seiner BI folgende drei Fragen: 1. „Wann soll die reale Umsetzung beginnen?" Herr Latus antwortete: „Ich weiß es nicht. Wie bereits dargelegt wurde, können alle Umbaumaßnahmen erst nach vollständigem Erwerb der Seegrundstücke durch die Stadt durchgeführt werden" [Den ausgelegten Plänen nach zu urteilen, ist im Besitz der Stadt nur der kleine Teil des Sees westlich der Insel, der größte Teil, östlich davon, ist noch in Privatbesitz. Die Stadt hat allerdings das Vorkaufsrecht.] Herr Latus könne zum zeitlichen Rahmen der Verkaufsverhandlungen und zum Verkaufspreis nichts sagen. 2. „Würden Sie, Herr Latus und der Ortschaftsrat ein demokratisches Votum der Seenutzer vor der Durchführung einzelner Maßnahmen akzeptieren?" Herr Latus verwies auf die rechtlichen Grundlagen unseres Staates, in dem gewählte Delegierte sich Vorschläge von Bürgern, die von einzelnen Maßnahmen betroffen sind, zwar anhören können, aber letztlich entscheiden. 3."Würde der Ortschaftsrat von seinem Vorkaufsrecht zurück treten um den See zu erhalten, wie er ist" Antwort von Herrn Latus:"Was hätten Sie davon, wenn dann ein privater Eigner einen Zaun um den See ziehen würde?"

Die „Naturfülle" des Sees in ihrem besonderen Charakter

Die Anwesenden der BI baten bzw. forderten in großer Einmütigkeit, die Naturfülle des Sees und seiner Ufer zu bewahren. Einer erläuterte, wie es ihn schmerze, wenn mittlerweile an allen Straßen und selbst an Feldwegen die Rainflora mit ihrer Blütenbracht durch das dauernde Mähen verschwinde. Ein anderer schilderte, wie er während seines Studiums den See kennen gelernt habe und später wegen dieses Sees (!) in Tübingen seinen Arbeitsplatz gewählt habe. Wohlgemerkt: Nicht der, in eine Liegewiese und in ein Naturschutzgebiet „Frisierte" K`furter See, sondern das urwüchsige Flair des Badens im Hirschauer See, habe es ihm angetan. Wieder ein Anderer wollte die große „Renaturierung" der einstigen kahlen Kiesgrube bewahrt sehen. Nach Eindruck der Unterzeichner haben sich an diesem Abend Bürger persönlich betroffen und verantwortlich präsentiert. Verwaltung und BI äußerten sich zum Schluß angetan vom konstruktiven Verlauf des Abends und der wachsenden Vertrautheit. Überdies war erfreulich neu, dass generell das Tempo aus dem Verfahren genommen wurde, so dass bis zum Herbst kein endgültig zu beschließendes Feinkonzept vorliegen wird. Dass nun den Verkaufsverhandlungen und dem Kauf Priorität vor allen Planungen eingeräumt wird und dass wenigstens der „Mega"- -Graben hoffentlich uns allen erspart bleibt. Indes: Wir müssen dran bleiben. Wir müssen die noch widersprüchlichen Verbesserungen (siehe oben) im Auge behalten und dürfen bei den beabsichtigten Kahlschlägen (Schilfgürtel, Hochkrautwiesen, Steilufer im Westen) in unseren Widerstand nicht nachlassen. Zusammen werden wir einiges erreichen.

Laut Aussage von Frau Krommes und Herrn Latus wäre eine weitere Anfrage im Frühjahr 2009 sinnvoll.

 

Für die „Bürgerinitiative Hirschauer Baggersee – Niederaue"

Konrad Pracht Hennetalweg 9 72070 Tübingen

Lutz Adam Hohenberger Str.31 72070 Hirschau

 

PS: Der Vollständigkeit halber fügen wir eine, „unseren" See betreffende Passage aus dem Bericht über die letzte Ortschaftsratsitzung an (Mitteilungsblatt des Stadtteils Hirschau vom 02.10.08)

„Für die Umsetzung des Entwicklungskonzeptes Baggersee Hirschau soll neben den Mitteln für den beabsichtigten Kauf der privaten Seeflächen ein Betrag in Höhe von 30.000 € für erste Maßnahmen [in den Haushaltsentwurf 2009 der Stadt] eingestellt werden.

 


Zusatz vom 09.09.09

Bedauerlicher Weise gibt es keine konstruktive Zusammenarbeit mehr zwischen der BI und dem Ortschaftsrat.

Das Protokoll veröffentlichen wir auf dieser Website nachträglich am 09.09.09